Neue Impulse.

Sehnsucht

Alles beginnt mit der Sehnsucht,

immer ist im Herzen Raum für mehr,

für Schöneres, für Größeres –das ist des Menschen Größe und Not: Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe.

Und wo Sehnsucht sich erfüllt, dort bricht sie noch stärker auf –

Fing nicht auch Deine Menschwerdung, Gott, mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an? So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,

Dich zu suchen, und lass sie damit enden, Dich gefunden zu haben.

 

Für mich ist das einer der ganz großen Texte.
Das Große liegt in seiner Einfachheit, in seiner Schlichtheit. Alles beginnt mit der Sehnsucht. Das Leben. Die Liebe. Eine Reise.
Freiheit. Frieden. Gerechtigkeit. Am Anfang war die Sehnsucht.Welcher Sehnsucht gebe ich Raum? Vielleicht steigen Bilder auf. Von Situationen – oder Orten – oder Menschen. Momente, in denen ich mich besonders lebendig gefühlt habe. In denen mich etwas tief berührt hat. In denen etwas in mir weit geworden ist. In denen es einfach gestimmt hat. Wo unsere Sehnsucht ist, ist auch unsere Energie.Ich frage mich: was würde es ändern, wenn wir anderen Menschen so begegnen würden? Ihnen so versuchten näherzukommen, mit der Frage: was ist deine Sehnsucht? Was treibt dich an? Wo ist deine Energie? Wenn wir Menschen durch diese Brille ansehen würden. Das könnte helfen, besser zu verstehen. Es könnte neue Räume öffnen, ganz neue Töne könnten anklingen: Immer ist im Herzen Raum für mehr...Sehnsucht erschöpft sich nicht, sondern bleibt lebendig in uns. Solange wir leben. Sie ist etwas zutiefst menschliches. Und sie macht uns menschlich. Ja, sie macht uns verletzlich, aber sie macht uns auch echt, authentisch, hungrig, sie bringt in Bewegung, manchmal ruhelos, manchmal zielgerichtet. Sehnsucht kann auch wehtun – wie Fernweh, oder Heimweh, oder die Sehnsucht nach einem geliebten Menschen. Für mich gehört dieser Text in die Adventszeit. Denn er spricht auch von Gottes Sehnsucht nach dem Menschen. Sehnsucht macht nicht nur uns menschlich. Sie macht auch Gott menschlich. Gottes Energie steckt in seiner Sehnsucht nach dem Menschen. Unser Text mündet in diese Frage: Fing nicht auch Deine Menschwerdung, Gott, mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an?Darum gehört der Text für mich in die Adventszeit. Eine Zeit der Sehnsucht Gottes nach dem Menschen. Zeit für uns, der Sehnsucht nach dem menschlichen Gott Raum zu geben.

Dieses große Gedicht hat Nelly Sachs geschrieben. Sie war Schriftstellerin und konnte als deutsche Jüdin 1940 gerade noch rechtzeitig nach Schweden fliehen – der Befehl zum Abtransport in eines der Todeslager war schon da. Sie kannte die Sehnsucht sehr gut, nach ihrer deutschen Muttersprache, nach dem Geliebten, der von den Nazis gefoltert und hingerichtet wurde, weil er im Widerstand aktiv war. Nelly Sachs kannte auch die Härten eines Lebens als Migrantin: materielle Not und psychische Krankheit, lange verweigerte Anerkennung."Alles beginnt mit der Sehnsucht" - möge auch in dieser Adventszeit für uns alle Neues beginnen. Möge sie uns öffnen und sensibel machen für die Suche nach dem menschgewordenen Gott unter uns, auch in diesem Jahr 2022. Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit wünsche ich Ihnen allen! Pfarrerin Cordula Haase

Den Durst nach Leben stillen

 

Sommer. Sonne. Urlaubszeit. Menschen sind unterwegs, ihren Durst nach Leben zu stillen. Viele sehnen sich danach, den Alltag hinter sich zu lassen, die kleinen und großen Sorgen und Verpflichtungen, die tägliche Routine, wieder zu sich selbst zu kommen.

 

Die einen dürstet es nach Abwechslung: unbekannte Orte und Länder kennenlernen, Feste feiern, sich in Abenteuer stürzen, kein vorgeplantes Programm „abarbeiten“, sondern dem eigenen Rhythmus folgen: dort länger bleiben, wo es besonders schön ist, neugierig auf die Menschen, die ihnen begegnen.

 

Andere sehnen sich nach Stille, nach der Natur, nach einer Wanderung durch den Wald oder die Einsamkeit der Berge, ohne menschliche Geräusche, ohne Radiomusik und ohne Handyempfang.

 

Viele verschiedene Formen kann der Durst nach Leben haben. Nach zwei Jahren Pandemie ist es für viele schlicht der Durst nach Begegnung, nach Gemeinschaft, nach menschlicher Nähe.

Für andere ist es die brennende Sehnsucht nach einem Gespräch, wo bisher Schweigen geherrscht hat.

 

Oder der Durst nach einem Gegenüber, das wahrhaft Ohren und Herz öffnet für das, was sie bewegt, nach dem Wiedersehen mit Menschen und Orten, die sie schmerzlich vermissen, nach mehr Leichtigkeit, nach Gerechtigkeit, nach Frieden in einer unsicheren und bedrohten Welt.

 

Ist es nicht bisweilen auch so, dass wir gar nicht wissen, wie wir unseren Durst nach Leben stillen können? Wir spüren eine Unruhe, ein Unbehagen, vielleicht auch Traurigkeit oder Enttäuschung – und dahinter verbirgt sich eine Sehnsucht, die wir nicht greifen können.

 

Im Spruch für den Monat Juli heißt es: „Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott“. (Psalm 42,3). Der diesen Psalm betet, hat eine Adresse für seine Sehnsucht: meine Seele dürstet nach Gott. Wie kann das geschehen?

Nun, wir haben es schon erlebt: Wasser hat belebende Kraft und kann Wunder wirken. Kaltes, erfrischendes Wasser aus einem Gebirgsbach nach langer Wanderung stillt nicht nur den Durst, es spült auch die Müdigkeit weg und weckt die Lebensgeister neu.

Das gilt genauso für den Durst der Seele: eine Pause, ein Gespräch, eine Begegnung, ein Fest, ein Wiedersehen mit lieben Menschen nach langer Zeit, eine Reise – das alles kann den Durst nach Leben stillen. In solchen Momenten begegnen wir Gott, und das kann Wunder wirken. Belebend wie ein Vollbad in Gottes Segen. Oder ein erfrischender Trunk aus einer Quelle.

Vielleicht stimmen wir dann ein in diesen Psamlmvers: „Bei dir, Gott, ist die Quelle des Lebens“. (Psalm 36,10).



Ostern - Das Licht der Welt erblicken.

Foto: Pfarrerin Cordula Haase
Foto: Pfarrerin Cordula Haase

Kennen Sie den Brauch, Osterfeuer zu entzünden? In der Nacht oder ganz früh vor Sonnenaufgang, wenn es noch finster ist, wenn noch kein Lichtstrahl am Horizont aufscheint, dann symbolisiert das Osterfeuer, was wir (noch) nicht sehen und doch glauben: das Licht ist nicht kleinzukriegen. Auch wenn es nicht alle Dunkelheiten restlos beseitigt - weder im Bild noch in unserem Leben: die Flamme der Hoffnung entfacht Gott wieder neu. Unter der Asche unserer Sorgen und Ängste ist Glut.

 

Ja, auch Feuer kann zerstörerisch sein. Wir sehen, welchen tödlichen Flächenbrand Kanonenfeuer und Bombenhagel anrichten. Ostern brennt ein anderes Feuer: das Feuer der Liebe Gottes, die Jesus aus dem Tod ins Leben ruft. Dieses Feuer wärmt, es bringt Menschen zusammen und lässt Hoffnung und Mut neu aufwachsen.

Und wenn am Ostermorgen ganz früh, bevor die Sonne aufgeht, die Osterkerze am Osterfeuer entzündet und in die unbeleuchtete Kirche getragen wird - ein kleines Licht nur, aber doch von erstaunlicher Leuchtkraft -, dann erahnen wir, was es für uns bedeutet, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat: wir erblicken das Licht der Welt.

 

Das könnte Jesus gemeint haben, wenn er sagt: "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." (Johannes 8,12). Deshalb - auch und gerade in diesem Jahr: ein frohes, lebensvolles und gesegnetes Auferstehungsfest!

 

                                                                                       Ihre Pfarrerin Cordula Haase

 


Interimspfarrerin Cordula Haase.

Seit März 2022 bin ich in den Gemeinden des Kirchengemeindeverbands Großschwabhausen-Isserstedt als Interimspfarrerin tätig. Das bedeutet: zwei Jahre lang gestalte ich Gottesdienste, Taufen, Trauungen und Beerdigungen und unterstütze den Gemeindekirchenrat in der Aufgabe der geistlichen Leitung der Gemeinde. Natürlich bin ich auch als Seelsorgerin in den Gemeinden unterwegs und ansprechbar. 

Neben der Gemeindearbeit gehört die Beratung und Begleitung des Gemeindekirchenrates zu meinem Dienstauftrag. Gemeinsam werden wir unter anderem folgende Fragen in den Blick nehmen:

  • Wie wird die Gemeindearbeit in Zukunft gestaltet?
  • Welche Schwerpunkte werden gesetzt?
  • Welche Aufgaben hat der Pfarrer / die Pfarrerin, welche Verantwortung tragen der Gemeindekirchenrat und die Ortsbeiräte?
  • Welchen Platz hat ehrenamtliches Engagement?

Wenn Sie Interesse an diesen Fragen haben und Ihre Gedanken und Ideen einbringen möchten, nehmen Sie gern mit mir Kontakt auf.

Ich bin in der Regel von Mittwoch bis Sonntag im Kirchengemeindeverband und darüber hinaus telefonisch zu erreichen (siehe KONTAKT).